Zu Besuch in Bad Driburg: Syrer erzählen von ihrer Flucht und dem Leben in Deutschland
Wie geht es Flüchtlingen hier in Deutschland? Welche Ziele haben sie und warum sind sie aus ihrer Heimat geflohen? Fragen über Fragen. Fragen, die wir Syrern in einer Flüchtlingsunterkunft in Bad Driburg gestellt haben. Einige von ihnen hatte Nadine auf ihrer Reise nach Griechenland bereits kennengelernt.
„Fliehen oder sterben“ – vor dieser einfachen wie auch brutalen Wahl hätte man gestanden, erklärt uns ein Syrer, der in seinem Heimatland viele Jahre lang als Akademiker tätig war. Die Lage in Syrien habe sich schleichend immer weiter verschlechtert. Die Gefahr inhaftiert oder getötet zu werden sei schließlich zu groß geworden. „So blieb uns nur die Flucht“ erzählt der Syrer weiter. Man kann seiner Stimmlage und Gestik entnehmen: Die Entscheidung ist ihm und seiner Familie nicht leichtgefallen. Sie hätten ihr Heimatland geliebt, liebten es noch immer. Das Klima sei angenehm, Früchte und Gemüse könne man in Hülle und Fülle vor Ort erwerben. Auch die Landschaft sei einfach wundervoll. Kurzum: Sie würden nur zu gern wieder in ihre Heimat zurückkehren. Aber nicht unter den aktuell herrschenden Bedingungen. Die anderen Syrer im Raum stimmen seinen Aussagen immer wieder zu, die einen still nickend, die anderen seine Aussagen mit eigenen Worten bekräftigend.
Die Reise nach Deutschland sei schwierig gewesen. Lange Strecken habe man zu Fuß zurücklegen müssen. Nicht zu vergessen die Angst vor Polizei und Behörden. Auch sollten wir eines nicht vergessen: Viele Syrer hätten überhaupt keine Möglichkeiten aus ihrem Land zu fliehen. Das heißt konkret: Die ärmeren Bevölkerungsschichten müssen zusehen, wie sie überleben. Oder eben auch nicht. Das ist die traurige Realität. Eine Syrerin erzählt uns, dass sie auf ihrem Weg nach Deutschland rund zwei Monate in der Türkei geblieben sei, um sich dort über Arbeit das Geld für die Weiterfahrt zu verdienen. Das vormals in der Heimat ersparte Geld war bereits aufgebraucht worden. Sie selbst hatte vor Ort großes Glück einen Job zu finden.
Ihre Erfahrungen mit Deutschland? Sehr unterschiedlich. Man freue sich sehr über die immer wieder entgegengebrachte Hilfsbereitschaft einerseits, aber leider gebe es auch die andere Seite. „In der Stadt kann es vorkommen, dass man durchaus sehr feindselig angesprochen wird“ erzählt uns die Syrerin und versucht ihre Bedenken mit einem Lächeln zu kaschieren. Weitaus schwerer dürfte allerdings wiegen, dass ihre Familie in Passau in alle Himmelsrichtungen getrennt wurde. Und sie mittendrin. Auch ihr Verlobter wurde von ihr getrennt und wohnt nun etwa vier Autostunden entfernt in einer anderen Flüchtlingsunterkunft. Solche Schilderungen lassen für uns nur eine Frage zu: Muss das sein?
Allen Unbilden zum Trotz fällt eines immer wieder auf: Die Hoffnung. Sie wollen so schnell wie möglich arbeiten, sich nützlich machen. Egal wie, egal wo. Aber erst einmal die Sprache lernen. So schnell wie möglich. Und dann weitersehen. Arbeiten, studieren vielleicht. Viele der Syrer haben studiert. Manche waren mitten im Studium, als der Krieg über sie hereinbrach. Sie alle haben Wünsche, Hoffnungen, Ziele. Genau wie wir. Doch über allem schweben immer die unheilvollen Fragen: Findet wir in Deutschland Arbeit? Wird unsere Ausbildung überhaupt anerkannt?
Die Unterkunft selbst ist aus deutscher Sicht geradezu spartanisch. In einem 4-Bett-Zimmer, das kaum Bewegungsfreiheit gewährt und das mit einem sehr überschaubaren Schrank versehen ist, wohnen sechs Personen. Das sei völlig normal bestätigen uns die Syrer. Aus unserer Sicht ist das grenzwertig, zumal nicht selten Personen aus den unterschiedlichsten Ländern auf einem Zimmer wohnen – Sprachbarrieren inklusive. Während wir uns über die Zustände vor Ort wundern, bringt es ein Syrer mit einem Lächeln auf den Punkt: „Besser als Krieg“.